Zwiebelfisch* im Reclam-Ozean
*) "Zwiebelfisch" ist ein Begriff der Setzer- und Druckersprache und stammt aus dem Bleisatz (Handsatz). Er meint ein versehentlich aus einer falschen Schrift gesetztes Zeichen im Text, das dort wie ein Fremdkörper wirkt.
Hier ist "Der Zwiebelfisch" eine in München erschienene "kleine Zeitschrift für Geschmack in Büchern und anderen Dingen" (hrsg. von Hans von Weber), wie es in ihrem Untertitel heißt. Im zweiten Jahrgang (1910) äußerte sich "Dr. v. Z." im dritten Heft (Oktober 1910, S. 98 bis 103) ziemlich ungehalten über die "Reclambändchen". "Dr. v. Z." war der Schriftsteller, Büchersammler und Bibliophile Fedor von Zobeltitz (1857-1934). Er betrachtete die „Reclam-bändchen“ gleichsam als Zwiebelfische in der Bücherlandschaft. Pikant: 1904 war in der Universal-Bibliothek das Lustspiel „Tyrannen des Glücks“ (RUB 4604) erschienen. Autor: Fedor von Zobeltitz.
"Der verwöhnte Bücherfreund mag sich über ihr Jammergewand amüsieren, […] die Dürftigkeit tut ihre Schuldigkeit, wenn sie um billigen Preis dem Gemeinwohl dient. Immerhin könnte selbst das Gemeinwohl in all seiner Bescheidenheit an Reclams Universalbibliothek noch einige Ansprüche stellen.
Wenn man auch sonst nichts von einem Reclambändchen erwartet, der einzige Zweck seines ach so kurzen Lebens: daß man es lesen kann, sollte doch nicht unerfüllt bleiben. […]
Für diejenigen Käufer, die sich ihre Reclambändchen aus verzeihlicher Sparsamkeit aufbewahren wollen, wenigstens solange, bis diese zu Staub und Asche zerfallen, ist auch das Format recht unbequem. Reclambändchen haben bekanntlich die Neigung, nicht nur sich zu zerkrümeln, sondern auch zu verkrümeln. Immer sind sie nicht da, wo man sie sucht. Nur da, wo man sie nicht sucht, da liegen sie oft kompromittierend herum. Stellt oder legt man sie an die Stelle, wohin sie wenigstens dem Inhalt nach gehören, nämlich zu andern Büchern, so sehen sie neben diesen wie schmutzige und zerlumpte Krüppel aus [...]". (Zitat: S. 98f.)